Der Würschnitzer Knollenstammbaum, die Kummerlöwsippe, unsere Erdäpfelgeschichte
Es war einmal vor über 300 Jahren, da wurde die Kartoffel als Nahrungsmittel zuerst in unserer Gegend heimisch. Aus den südamerikanischen Hochlagen kommend war sie das rauhe Klima und den kargen Boden gewöhnt. Sie erkannte die vogtländische Region als ihre neue Heimat und “Mutter” an. Wir nennen sie Erdäpfel. Sie hatte in unserer Region viele “Väter”(Förderer), die als erste begannen, sie zur Vermehrung zur “Mutter” zu legen. Teilweise kannten sich die “Väter” und übernahmen gegenseitig die Kartoffel und ihren Anbaubeginn. Teilweise geschah dies unabhängig voneinander, auch weil die Kartoffel auf verschiedenen Wegen zu uns kam. Als Kind, als neues “Früchtchen”, hatte es die Kartoffel nicht leicht, sich durchzusetzen. So hatte sie noch kein “Wohnrecht”, durch die übliche 3-Felderwirtschaft war der Boden besetzt. Sie war als “Steuerzahler” noch nicht erfasst, ihre Väter fanden das gut, aber die “Obrigkeiten” nicht, es gab “Zehntenstreite”. Sie war noch nicht in den “Arbeitsverträgen” der Landarbeiter als abgabepflichtige Feldfrucht enthalten, deshalb gab es “Fronstreite”. Anfangs nannte sie die Kirche eine “teuflische Frucht”, weil sie von unten, aus der Erde, kam, aber auch “Knollenpredigten” unterstützten ihren Anbau. Alte Meinungen und Sitten waren ihr im Weg, aber sie wurden nicht überall gleich streng eingehalten. Aber durch die Neugier der Väter, ihre “Nutzbarkeitserkenntnis” und die Not, dem Sprichwort: “Not macht erfinderisch” entsprechend, wurde das “Kind”, die Kartoffel, immer ansehnlicher und begehrter und wuchs heran. Sie fand Anerkennung über ihre neue Heimat hinaus, sie kam auch durch die Wanderschaft der Handwerksgesellen in andere Gegenden , man traf dort Verwandte und andere Familien, man tauschte sich aus, nicht nur materiell, man fragte: Woher kommst du? Wer sind deine Eltern? Wie alt bist du?Nun wurde das menschliche, nicht beherrschbare Gen wirksam, immer der erste sein zu wollen und zu müssen, um anerkannt zu werden. Keiner der Väter hat das offensichtlich so gesehen und “bekanntmachend” festgehalten, aber damit allen Annahmen, Auslegungen, Spekulationen, Verherr-lichungen u.a. Darstellungen “Ihrer Geschichte” Tür und Tor geöffnet. Im Gerangel um die alles entscheidende erste Vaterschaft wurde die Mutter, die vogtländische Region zur Nebensache, teilweise in der Darstellung ganz weggelassen. Auch wurde im Drang sich hervorzutun der Grundsatz, die Vergangenheit mit besten Wissen und Gewissen darzustellen, oft vernachlässigt.
Bis 2006 entsprach die Würschnitzer Erdäpfelgeschichte, sogar überregional bekanntgeworden, diesem Stand, die Kummerlöw-Darstellung beweist dies. Das reizte uns, neue Wege zu gehen, so als erstes die vogtländische Region als Ganzes darzustellen (regionalpatriotisch) und die Stellung der Gemeinde, des Dorfes und der Höfe bezüglich des Anbaubeginns auf urkundlich nachweisbarer Basis zu erkunden und bekanntzumachen (lokalpatriotisch). Wichtige Grundlagen sind die ersten Hofübergabeurkunden mit Erdäpfeln als Auszugsbehalt und die Zehnt- und Fronstreitigkeiten (nachweisbar in den Schriften der damaligen Gerichtsbarkeiten).
Dazu liegen allein von der Gerichtsbarkeit Voigtsberg (Oelsnitz) von 38 Hofübergaben von 20 Dörfern Urkunden für den Zeitraum 1675 bis 1711 in der Heimatstube vor, davon die meisten, 17 Hofübergaben von 8 Dörfern, aus der heutigen Gemeinde Mühlental und davon wieder die meisten (7) aus Würschnitz. Das berechtigt zur Feststellung, die Kartoffel wurde mit am frühesten in Würschnitz feldmäßig angebaut. Nun aber von diesen Urkundenjahreszahlen die Anbaureihenfolge der Dörfer oder Höfe ableiten zu wollen, ist irreführend und überholt. Es gelang bei zwei Höfen in Unterwürschnitz, das Hofübernahmejahr und damit den Beginnzeitraum zu ermitteln (1681-1699 u. 1687-1711). Da aber beide Zeiträume sich um 12 Jahre überlagern, kann auch der zweite eher begonnen haben, damit bleibt “wer und wo war der Erste” weiter ein Geheimnis. Daß es gelang, für beide Höfe den lückenlosen Besitzstand bis heute zu ermitteln, und daß es die Höfe noch gibt, ist erst- u. einmalig.
Hans Wolf Kummerlöw wurde in 20 Veröffentlichungen in der Zeit von 1756-1959 zuerst 7 mal als der erste und dann zehnmal als nicht der erste, mit unterschiedlichen Jahresangaben , genannt, der von seiner Walz als Zimmergeselle, mit unterschiedlichen Ortsangaben, Kartoffeln mitgebracht habe. Wenn einer so bekannt wird und es bis zur Lehrmeinung schaffte, muss was dran sein, zumindest, dass er auf der Wanderschaft war, und welche mitgebracht hat. Was wissen wir heute? Aufgrund “chronistischer” Zusammenarbeit konnte der urkundlich belegte Würschnitzer Knollenstammbaum und der der Kummerlöw-sippe entstehen. Es gab zehn Kummerlöws (zwei davon familienständisch noch nicht einordenbar).Vom Hans Wolf Kummerlöw hat die Frau vom Bruder seines Großvaters mit ihrem zweiten Mann auf dem genannten ersten Würschnitzer Hof um die Zeit seiner Geburt schon Erdäpfel angebaut. Warum soll er aber deshalb kurz nach 1700 nicht welche von seiner Walz mitgebracht haben? Oder ein anderer Kummerlöw einige Jahrzehnte vorher wie es über Jahrhunderte überliefert wurde.
Ihm ging es wie Friedrich dem Großen, beide wurden bekannt, waren aber nicht die ersten. Auch der Spruch: “ Friedrich der Große ihr seid auch heute noch der Bekannteste hier, aber hinter den Bergen die damaligen Vogtländer waren eher als ihr” trifft zu. So wie Friedrichs Mythos sich hält, wird auch der als “lebendes Denkmal” für den vogtländischen Anbaubeginn angelegte Lehrpfad “Vogtländischer Knollensteig” mit seinem “Kartoffelhäusel” bestehen bleiben. Dafür werden wir uns als Verein Würschnitzer Knolleneck e.V. einsetzen.
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